Wiesbadener Hütte, Wiesbadner Hütte, Mogasi
© Ralf Kaluzynski

Die Wiesbadener Hütte und die Berge der Silvretta sind seit ihrer Errichtung 1896 untrennbar miteinander verbunden. Sie ist der Ausgangspunkt für die Besteigung des Piz Buin, Großer Litzner, Fluchthorn und weiterer Gipfel in der Silvretta. Die Alpenvereinshütte liegt auf 2443 Höhenmetern, bietet 180 Schlafplätze und gehört zu der Sektion Wiesbaden des DAV.

Mogasi: Seit zwei Jahren seit ihr die Pächter der Wiesbadener Hütte, wie sieht so eine Übernahme aus?

Evelyn Siegele: Genau, wir bewirtschaften die Hütte jetzt seit dem Sommer 2016. Naja zuerst muss man sich für die Hütte bewerben, mit Lebenslauf, Motivationsschreiben usw. Dann hat man ein Vorstellungsgespräch und wird im besten Fall genommen. Anschließend kommt so einiges auf einen zu. Das alles im Detail aufzuzählen würde den Rahmen hier wahrscheinlich sprengen. Unter anderem spricht man sich mit den Vorbesitzern über Abnahmen ab, es fallen Anschaffungen an, man sucht sich Lieferanten und gestaltet die Speisekarte, Behördenwege, Personalsuche, ….

Mogasi: Wie sind die Zuständigkeiten zwischen Hüttenwirtin und DAV?

Evelyn Siegele: Grundsätzlich bewirtschaftet der Hüttenwirt die Hütte. Wir kümmern uns um das Personal, die Reservierungen, Einkäufe, Transporte, Instandhaltung des Weges, die Kläranlage usw. also alles, was mit der Beherbergung der Gäste, dem gastronomischen Teil und dem Hüttenalltag zu tun hat. Mit der Sektion Wiesbaden, als Besitzer der Hütte, sind wir im ständigen Austausch. Sie sind vor allem für die Instandhaltung der Hütte zuständig, tätigen Reparturen und Ausbauarbeiten an der Hütte.

Die Hauptthemen am Abend sind sicher die gemeisterten Bergtouren, die Verhältnisse und das Wetter für den nächsten Tag.

Mogasi: Wie kommt es, dass die meisten Berghütten dem DAV Gehören?

Evelyn Siegele: Dies hat einen geschichtlichen Hintergrund. Früher war der österreichische- und der deutsche Alpenverein ein und die selbe Organisation „DuOeAV“ mit Hütten sowohl in Österreich als auch in Deutschland. Durch den Anschluss von Österreich an das Deutsche Reich 1938 wurde daraus der Deutsche Alpenverein (DAV). Nach Ende des Zweiten Weltkriegs spaltete sich der Verein dann in den ÖAV und DAV auf, jedoch blieben vielen Hütten beim DAV, auch wenn sie auf österreichischen Boden standen.

Mogasi: Welche Geschichten erzählt man sich abends? Wie ist die Stimmung auf einer Hütte wie der Wiesbadener?

Evelyn Siegele: Die Hauptthemen am Abend sind sicher die gemeisterten Bergtouren, die Verhältnisse und das Wetter für den nächsten Tag. Dann kommt es immer darauf an, ob man die Tour schon hinter sich hat oder erst am nächsten Tag in Angriff nimmt. Diejenigen, die den Gipfensieg schon hinter sich haben, pflegen ein gemütliches Beisammensein, trinken ein Bierchen oder auch mal einen Schnaps. Die Anderen sitzen mit Karte und Wetterbericht am Tisch und planen die Tour, checken nochmal die Ausrüstung, passen Steigeisen an und gehen dann relativ früh schlafen.

Mogasi: Im Tal ist es schwer gutes Personal zu finden, wie ist das auf einer Hütte?

Evelyn Siegele: Ich glaube noch schwerer, wobei wir keinen Betrieb im Tal haben und somit keinen Vergleich. Generell ist es wirklich sehr schwer, gutes Fachpersonal im Bereich Gastronomie zu finden, vor allem einen guten Koch. Auf der Hütte kommt dann noch die „Abgeschiedenheit“ und das „Aufeinanderkleben“ dazu. Natürlich können unsere Mitarbeiter Abends nicht schnell in die Kneipe nebenan gehen und die meisten Hobbies sind auch schwer dort oben auszuüben. Außerdem ist der Handyempfang sehr schlecht und über W-LAN verfügt unsere Hütte auch nicht, was für die Meisten heutzutage ein No-Go ist. Jedoch hatten wir bisher im Großen und Ganzen viel Glück mit unseren Mitarbeitern und hatten gute Saisonen mit einem super Zusammenhalt, Motivation und Teamfähigkeit.

Bei gutem Wetter kann man nur schlecht von der Hütte weg und bei schlechtem Wetter will man natürlich nicht wirklich unterwegs sein.

Mogasi: Wie ist der Tagesablauf für die Hüttenwirte?

Evelyn Siegele: Wir haben von 6:00 bis 8:00 Uhr Frühstück. Das heißt um ca. 5:00 Uhr ist Tagwache um alles vorzubereiten und Kaffee zu kochen. Anschließend an das Frühstück nehmen wir uns kurz selber Zeit zum Frühstücken, zu quatschen und den Tag zu besprechen. Am Vormittag fährt Erwin meist ins Tal um die Lieferung zu holen, wir auf der Hütte reinigen die Gaststuben, füllen die Theke auf, beantworten E-Mails, bereiten die Terrasse vor, Stefan überprüft die Kläranlage, das Küchenteam startet mit den Vorbereitungen, das Zimmermädchen richtet die Zimmer und Lager für die neuen Gäste her und dann kommen eh schon die ersten hungrigen Tagesgäste. Tagsüber sind dann nebenbei Anmeldungen von Hausgästen. Um 18:00 Uhr beginnt dann das Abendessen und um 22:00 Uhr ist Hüttenrühe. Danach wird noch das Frühstück eingedeckt und dann freuen wir uns alle auf unser Bettchen.

Mogasi: Bleibt Zeit für eigene Bergtouren?

Evelyn Siegele: Schwierig, da man bei gutem Wetter nur schlecht von der Hütte weg kann und bei schlechtem Wetter natürlich nicht wirklich unterwegs sein will.

Mogasi: Viel Arbeit, viel Lohn?

Evelyn Siegele: Ja, während der Saison ist es wirklich viel Arbeit mit so gut wie keiner Freizeit aber diese wird nicht nur durch einen entsprechenden Lohn ausgeglichen sondern auch durch einen atemberaubenden Arbeitsplatz. Außerdem macht der Job wirklich große Freude, man lernt verschiedenste Menschen kennen, freut sich mit Ihnen über den gelungenen Gipfelsieg und an der Freude über das traumhafte Panorama. Wir würden sagen, die Arbeit wird in vielerlei Hinsicht entlohnt.

Mogasi: Wann ist die schönste Zeit auf der Wiesbadener Hütte?

Evelyn Siegele: Buh, das ist schwer zu sagen, da irgendwie jede Tageszeit seine Reize hat. Am Vormittag, wenn alles ganz ruhig ist, man sich kurz auf die Terrasse setzt, das Panorama genießt und noch die letzten Bergsteigen beobachtet, wie sie den Gletschereinstieg meistern.

Mogasi: Wie wichtig ist das Internet als Hüttenwirt? Wie viel Prozent der Buchungen auf der Wiesbadener Hütte werden online getätigt?

Evelyn Siegele: Naja, da in fast keinem Job mehr das Internet wegzudenken ist, geht das natürlich auch bei uns Hüttenwirten nicht vorbei. Es werden eigentlich so gut wie alle Buchungen per Email oder über die Website wiesbadener-huette.com getätigt. Nur noch vereinzelt rufen Gäste an, um per Telefon zu reservieren. Außerdem verfügt unsere Hütte ja über keinen W-LAN und Handyempfang, das heißt wir brauchen das Internet auch um den Gästen einen aktuellen Wetterbericht ausdrucken zu können und im Winter natürlich den Lawinenlagebericht.

Das Lieblingsgericht auf unsere Karte ist aber unser Kaiserschmarren.

Mogasi: Was ist das meist bestellte Gericht auf der Wiesbadner Hütte?

Evelyn Siegele: Die Gäste lieben Knödel. Egal ob Tiroler Knödel oder Kaspressknödel, ob in der Suppe, mit Salat oder mit Sauerkraut. Das Küchenteam dreht jede Woche zig Knödel, um die Nachfrage zu stillen. Das Lieblingsgericht auf unsere Karte ist aber unser Kaiserschmarren. Dieser wird mit viel Liebe für jeden Gast frisch zubereitet und das schmeckt man auch.

Kaiserschmarren, Wiesbadener Hütte, Mogasi
Auf der Wiesbadener Hütte wird der Kaiserschmarren frisch zubereitet.

Mogasi: Was sind die Saisonszeiten?

Evelyn Siegele: Wir starten immer um den 20. Juni in die Sommersaison und haben normalerweise bis 3. Oktober geöffnet. Im Winter öffnen wir die Wiesbadener Hütte Mitte Februar und schließen dann am 1. Mai.

Im Verhältnis zu der Anzahl an Bergsteigern, der alpinen Erfahrung der Gäste und wenn man sich so manche Ausrüstung ansieht, passiere zum Glück nur wenige Umfälle.

Mogasi: Die Silvretta mit seinen zahlreichen 3000er ist ein erstklassiges Touren- und Bergsteiggebiet. Welche Touren könnt ihr bei guten Verhältnissen empfehlen?

Evelyn Siegele: Natürlich ist bei uns der Piz Buin die bekannteste und vor allem beliebteste Tour. Jedoch hat auch die Dreiländerspitze und das Silvrettahorn seine Reize und sind wirklich traumhafte Touren und so unter uns: es ist auf den Gipfeln viel weniger los.

Mogasi: Ist die Silvretta für unerfahrene Berg/Skitourengeher geeignet?

Evelyn Siegele: Also unerfahren alleine in hochalpines Gelände zu gehen würde ich wirklich niemanden empfehlen. Natürlich bietet auch die Silvretta „leichte“ Touren, aber man sollte zumindest minimale alpine Erfahrung haben um mit einem guten Gefühl alleine diese Touren zu begehen.

Mogasi: Wie häufig geschehen Bergunfälle?

Evelyn Siegele: Seit der Übernahme 2016 hatten wir zwei größere Einsätze. Im Verhältnis zu der Anzahl an Bergsteigern, der alpinen Erfahrung der Gäste und wenn man sich so manche Ausrüstung ansieht, passiere zum Glück nur wenige Umfälle.

Mogasi: Wem ratet ihr eine geführte Tour mit Ski- oder Bergführer?

Evelyn Siegele: Ein Ski- oder Bergführer ist immer eine gute Wahl. Bei Anfängern und Unerfahrenen sowieso. Aber auch bei Fortgeschritteten nimmt einem ein Berg-/Skiführer viel Arbeit und Verantwortung ab. Die Touren können ganz anders erlebt werden.

 


Die Wiesbadener Hütte wird im Sommer von Mitte Juni bis Anfang Oktober und im Winter von Mitte Februar bis Anfang Mai bewirtet. Vor zwei Jahren hat Evelyn Siegele die Hütte zusammen mit ihrem Vater Stefan und Onkel Erwin Lorenz gepachtet. Die junge Ischglerin (26) gibt Einblick in den Tagesablauf auf der „Wiesbadener“, wie sie deren Pächterin wurde und was die Gäste dort oben am liebsten essen.

 

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