Anika Hohloch Kinderhotel Kindl

Warum kommt man nach Tirol zum arbeiten? Wie schwer ist es, hier anzukommen? Wird über „Ossis“ gewitzelt? Anika Hohloch über die Menschen und die Arbeit im Tiroler Tourismus.

Mogasi: Wie bist du auf die Idee gekommen, von Ostdeutschland nach Tirol ins Stubaital arbeiten zu gehen?

Anika: Ich habe mich bereits in der Schulzeit sehr für die Gastronomie interessiert. Meine Praktikas habe ich alle in Hotels in Thüringen gemacht, aber um eine gute Ausbildung zu bekommen, musste ich wo anders hin. Tirol ist in unserer Gegend bekannt für gute Gastronomie.

„Die Tiroler sind offen, gastfreundlich und sehr großzügig.“ Anika

Mogasi: Wenn du dich an deine ersten Wochen zurückerinnerst, was waren die größten Schwierigkeiten, was hat dir schon von Anfang an gefallen?

Anika: Am schwierigsten war für mich der Dialekt – ich habe die ersten 3 Monate kaum was verstanden. Sehr gut gefallen hat mir die Freundlichkeit, die Art wie ich aufgenommen wurde.

Mogasi: Was sind, abgesehen von den höheren Bergen, die charakterlichen Unterschiede zwischen deiner Heimat und dem Stubai/Tirol?

Anika: Die Tiroler sind offen, gastfreundlich und sehr großzügig. Wobei ich in dem Lauf der Jahre auch mitbekommen habe, dass es viele Neider gibt, die Anderen das Geschäft nicht gönnen. Die Thüringer sind “Fremden“ gegenüber vielleicht nicht so offen – der Zusammenhalt in den einzelnen Orten ist dafür aber sehr viel stärker.

Serles Stubaier Alpen
Anika in den Stubaier Alpen auf der Serles.

Mogasi: Als was hast du hier in Tirol schon gearbeitet?

Anika: Nach meiner Lehre war ich noch kurze Zeit im Hotel. Dann habe ich Verschiedenes ausprobiert. Ich habe in einem Büro in Innsbruck gearbeitet, hab mich dann aber wenig später mit einem kleinen Cafe selbstständig gemacht. Später kam noch eine Bar dazu. Zuletzt war ich im Außendienst tätig und nun darf ich mich wieder in der Gastronomie glücklich schätzen. Neben den Jobs hab ich immer in verschiedenen Bars oder Restaurants ausgeholfen.

Mogasi: Welchen Tourismusjob hättest du am liebsten? Welchen möchtest du gar nicht?

Anika: Also, meinen jetzigen Job hab ich am liebsten. Alle anderen Abteilungen möchte ich nicht (mehr).

Mogasi: Wie bist du zu deinen Jobs in Neustift gekommen?

Anika: Zu meinem Ausbildungsplatz durch eine Bekannte. Wenn man dann hier ist, kommen die Jobs so auf einen zugeflogen.

„Immer weniger wollen an Wochenenden, Feiertagen mit Schicht- oder Teildienst arbeiten.“ Anika

Mogasi: Viele Betriebe beschweren sich, dass sie nur sehr schwer Personal finden. Was glaubst du, warum das so ist?

Anika: Nun ja, einfacher wäre wohl die Frage, wer sich nicht beschwert. Es wird wirklich immer schwieriger gute, motivierte Mitarbeiter zu finden. Zum einen liegt es an den Arbeitszeiten. Immer weniger wollen an Wochenenden, Feiertagen mit Schicht- oder Teildienst arbeiten. Zum Anderen sind die Hotels selbst Schuld daran, weil die Mitarbeiter jahrelang ausgenutzt wurden. Es wurden unzählige Überstunden gemacht und freie Tage gestrichen, für viel zu wenig Geld. Das macht das Gewerbe natürlich sehr unattraktiv.

Mogasi: Ab und an wird über die „Ossis“ gewitzelt, welchen Einserschmäh kannst du nicht mehr hören?

Anika: Gute Frage – mir fällt da jetzt spontan keiner ein. In meinem Freundes-/ Familienkreis wird mittlerweile eher vergessen, dass ich Deutsche bin. Aber wenn gewitzelt wird, dann eher allgemein über die “Deitschn“.

Anika Kuhmuh
Tierliebhaberin Anika 😉

Mogasi: Schreiben Tiroler Tourismusbetriebe ihre Stellenangebote auch in Deutschland aus?

Anika: Auf jeden Fall beim Arbeitsamt. Sonst fällt mir keine Plattform ein.

Mogasi: Woher weißt du, ob dein potentieller Arbeitgeber nicht ungut ist?

Anika: Darüber hab ich mir noch nie im Vorfeld Gedanken gemacht. Wenn es gar nicht passt, dann sucht man sich was Anderes.

Mogasi: Wie soll man sich kleiden für das Bewerbungsgespräch?

Anika: Das kommt darauf an für welche Stelle man sich bewirbt. Als Koch muss man nicht unbedingt im Anzug kommen. Als F&B Manager oder Rezeptionistin aber schon.

Mogasi: Zahlt sich Saisonsarbeit finanziell für dich/andere aus?

Anika: Ich habe noch nie auf Saison gearbeitet. Bisher hatte ich immer Jahresstellen. Und ob es sich für Andere auszahlt lässt sich nicht pauschalisieren.

Mogasi: Wie sehen deine Arbeitsbedingungen in der Regel aus?

Anika: Ich arbeite 5 Tage pro Woche, jeweils bis 17:30 Uhr. Sonntags und montags hab ich frei.

Begrüßung von Hotelgästen
Gastfreundlichkeit steht hoch im Kurs bei Anika

Mogasi: Work-Life Balance ist eine häufig verwendetes Wort, geht das im Tourismus überhaupt?

Anika: Mit einer normalen 6-Tage-Saisonsstelle funktioniert das sicher nicht so einfach. Da steht die Arbeit im Mittelpunkt. Für alles Andere bleibt wenig Zeit. Zu den Arbeitsbedingungen wie ich sie habe, funktioniert das natürlich sehr gut.

Mogasi: Wie wurdest du von den Menschen im Stubaital und dem restlichen Tirol angenommen?

Anika: Ich bin von Anfang an gut von den Stubaier/innen und Tiroler/innen angenommen worden und konnte mich schnell integrieren. Wenn man fleißig und freundlich ist, hat man es hier nicht schwer.

Naturrodelbahn Stubaital
Anika auf einer Naturrodelbahn im Stubai

Mogasi: Man arbeitet da wo andere Urlaub machen. Kommst du zum Skifahren/Snowboarden/Langlaufen/Rodeln? Wenn ja, wo?

Anika: Natürlich komme ich zum Skifahren und Rodeln. An meinen freien Tagen gehe ich oft auf verschiedene Naturrodelbahnen oder gehe Skifahren am Stubaier Gletscher oder auf der Schlick2000.


Anika Hohloch aus Tanna in Thüringen ist 27 Jahre alt. Sie lebt in Neustift im Stubaital und arbeitet nun bereits elf Jahre in Tirol. Mittlerweile ist sie Direktionsassistention im 4-Stern Hotel Kindl in Neustift im Stubaital.

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